Die Urteile im Prozeß gegen die katalanischen Separatisenführer sind wie erwartet ausgefallen.
Ebenso wie erwartet finden jetzt Demonstrationen der Separatisten statt, denn die fühlen sich auch bestraft, schließlich haben sie die Aktionen durchgeführt, für die ihre Führer jetzt verurteilt wurden.
Zwar haben die katalanischen Separatisten bei den letzten Nationalwahlen fast eine halbe Millionen Stimmen verloren, aber jetzt droht eine erneute Eskalation. Was würde einer friedlichen Lösung, einer Beendigung des Konfliktes dienen?
Wer erinnert sich nicht an die Riesendemonstrationen in Barcelona? Keine Frage, es gab und gibt eine große Volksbewegung für die Unabhängigkeit! Formaljuristisch standen die Führer dieser Bewegung vor Gericht, tatsächlich aber die Hunderttausenden, die am 01. Okt. 17 zum Referendum gingen. Ein Referendum, das selbstverständlich illegal war.
Man möge sich in Erinnerung rufen, dass Aufstände gegen jedwede Regierung illegal sind, aber auch illegitim? Die Frage ist doch immer, was ist der Grund für den Aufstand und warum ließ es die Regierung dazu kommen? Man erinnere sich an den Unabhängigkeitskampf der Amerikaner gegen die Engländer. Die Hauptursache für den Konflikt war der Streit um Steuern und Abgaben, die die Engländer von den amerikanischen Siedlern erhoben, ohne dass diese eine Repräsentation im englischen Unterhaus bekamen. Hätten die Engländer gesiegt, wäre George Washington ganz legal gehängt worden. Es ist anders gekommen.
Im Prinzip ist das in Katalonien nicht anders. Es geht natürlich ums Geld, allerdings ist die ökonomische und politische Situation völlig anders als damals in Amerika. Separatistische Führer behaupten, Spanien würde Katalonien ausrauben (España nos roba!). Das ist eine Behauptung auf dem postfaktischen Niveau der Brexiteers, die EU würde die Briten berauben. Diese Führer haben es geschafft, aus der katalanischen Unabhängigkeit ein Geschäft zu machen und die Katalanen alleine über diese Frage zu spalten, obwohl sie in allen anderen wichtigen politischen Fragen (NATO, EU, Neoliberalismus) im wesentlichen die gleichen Standpunkte vertreten, wie die beiden größten Madrider Parteien, PP und PSOE.
Die separatistischen Führer haben durch entsprechende Besetzung der katalanischen Medien, durch verschiedenste soziale Manipulationen, durch Indokrination und blanke Hetze gegen alles Spanische Haß erzeugt und eine Atmosphäre der Einschüchterung geschaffen. Die Spaltung geht durch Familien.
Die separatistischen Führer haben eine Sprachdiktatur ähnlich der von Franco errichtet, nur umgekehrt, jetzt wird Spanisch, die Sprache der Mehrheit der Katalanen unterdrückt. Der lange in Spanien lebende deutsche Journalist Paul Ingendaay stellte unter der Überschrift „Die Sprache der Blöden!“ fest, dass im katalanischen Fernsehen Spanisch nur von Gaunern und Schwachsinnigen gesprochen wird.
Katalanen wurden verführt, für einen weiteren Kleinstaat in Europa zu kämpfen und das in einer Zeit, wo die größte Bedrohung für den Frieden in der Welt die Tatsache erscheint, dass das weltweite US-Imperium sich durch den Aufstieg Chinas bedroht fühlt. Dabei haben die separatistischen Führer mehr im Sinn: Ein katalanisches Reich (Països Catalans), dass in Spanien nicht nur die Region Valencia und die Balearen umfaßt sondern auch Gebiete in Frankreich und Italien beansprucht.
Madrid, ob unter Führung der PP oder der PSOE, hat diese Entwicklung immer zugelassen, sei es, weil man die Stimmen der Separatisten brauchte oder weil Korruption auf beiden Seiten als Schmiermittel für die eigenen Interessen verstanden wurde. Der Streit um die Unabhängigkeit hat auch stets hervorragend von den sozialen Fragen abgelenkt. Die Unionisten in Katalonien fühlen sich größtenteils verraten.
Mit dem einseitigen Referendum starteten die separatistischen Führer einen PR-Stunt, der die Madrider Regierung als tumbe Haudraufs weltweit vorführen sollte. Die katalanischen Krankenhäuser wurden sogar angewiesen, auch diejenigen als Opfer zu zählen, die im Fernsehen Angriffe der Polizei sahen und deshalb Angst bekamen. [1] Statt diese Manipulationen aufzudecken, fiel nicht nur Madrid auf diese Taktik herein, auch die internationale Presse mußte sich hinterher für ihre ursprüngliche Berichterstattung entschuldigen. [2]
Diesem dummen Polizeieinsatz folgte eine zweijährige Untersuchungshaft separatistischer Führer und der Prozeß, in dem nun das Urteil verkündet wurde. Dabei soll es kein Geheimnis bleiben, dass die spanische Justiz genauso abhängig ist von der Regierung, wie übrigens auch die deutsche Justiz.[3] Die spanische Regierung hätte den Staatsanwalt anweisen können, keine Klage zu erheben und stattdessen von Anfang an eine politische Lösung anstreben sollen.
Die meisten Angeklagten wurden für Aufruhr, aber nicht für Rebellion verurteilt. Das Gericht sah den Vorwurf der Rebellion als zu weitgehend, weil es dafür nicht „genug“ Gewalt gab. Die Urteile liegen zwischen 13 Jahren und 9 Monaten und 9 Jahren. Bei denen, die nur für Ungehorsam verurteilt wurden, bleibt es praktisch bei Bewährungsstrafen. Grundlage für die Urteile war auch, dass die Angeklagten Steuergelder für das illegale Referendum eingesetzt hatten.
Das Gericht erlaubt der katalanischen Regierung die Anwendung des dritten Grades für die Verurteilten, was in diesem Falle bedeutet, dass sie mit erheblichen Hafterleichterungen rechnen können. Sie müssen beispielsweise nur 8 von jeden 24 Stunden im Gefängnis verbringen.
Die spanischen Politiker reagierten auf das Urteil leider wie zu erwarten.
Pedro Sánchez: „Die Regierung warnt davor, dass das Urteil befolgt werden muss und sagt, dass 'es nicht angebracht sei', von Begnadigungen zu sprechen“ [4] und „garantiert die vollständige Einhaltung des Urteils“.[5]
Quim Torra bezeichnet das Urteil als „ungerecht“ und „undemokratisch“, als einen „Racheakt gegen Millionen von Katalanen“.[6]
Ein Kommentator in El Mundo bemerkt mit Recht: „Ein Urteil, das niemandem gefällt!“[7] Das war vorauszusehen, der Prozeß konnte kein Urteil finden, dass jedem gefällt.
Die Forderung nach Amnestie erscheint in dieser Lage vernünftig. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass auch der katalanische Präsident Quim Torra an die spanische Regierung apelliert, eine Amnestie zu verkünden, ruft er doch zugleich zu Ungehorsam gegenüber dem spanischen Staat auf. Aber von dieser katalanischen Peinlichkeit sollte man sich nicht beeindrucken lassen.
Amnestie bedeutet immer, dass man Gnade vor Recht ergehen lassen soll. Dafür gab es immer schon mal gute Gründe in vielerlei Lebenslagen, denn jeder Jurist wird bestätigen, dass man von einem Gericht immer nur ein Urteil erhält, nicht unbedingt Gerechtigkeit. Was sind dieses Mal die Gründe für eine Amnestie?Fußnoten
Dieses Urteil schafft Märtyrer, die als Verlierer erscheinen. Außerdem erklärt dieses Urteil die Teilnehmer am Referendum ebenfalls zu Verlierern. Wie soll das eine friedliche Lösung fördern?
Ich bin weder ein Fan des ehemaligen israelischen Präsidenten Yitzhak Rabin noch des ehemaligen Palästinenserführers Yassir Arafat. Aber als sie den Friedensnobelpreis erhielten, soll einer von ihnen gesagt haben, Frieden mit Freunden zu schließen sei leicht, die Kunst bestehe darin, Frieden mit Feinden zu schließen.
Das gilt erst Recht für Katalonien, obwohl die Situation nicht mit der im Nahen Osten vergleichbar ist. Um so mehr wird es jetzt Zeit, alle Maßnahmen zu vermeiden, die einer weiteren Eskalation der Situation dienen könnten. Dazu gehört die Amnestie genauso wie die Notwendigkeit, dass die katalanische Regierung jetzt anfängt, sich an die Entscheidungen der spanischen und katalanischen Gerichtsbarkeit zu halten. Dazu gehört auch, dass die Sprachdiktatur aufhört und die (auch finanzielle) Einflußnahme auf separatistiche Kräfte in den Regionen von Valencia und den Balearen.
Die von den katalanischen Separatisten der Omnium Cultural (deren Präsident Jordi Cuixart 9 Jahre bekam) finanziell unterstützte valencianische „Acció Cultural del País Valencià (ACPV)“ ruft ihren Herren Quim Torra und Jordi Cuixart gehorchend in mehreren valencianischen Städten zu Demonstrationen gegen das Urteil und zu Ungehorsam gegenüber dem spanischen Staat auf.
So richtig wie es ist, jetzt eine Amnestie zu erlassen, so richtig ist es auch, den Einfluß der katalanischen Separatisten in ganz Spanien zurückzudrängen. Dazu gehört auch, dass Madrid diese Manipulationen aufdeckt und unterbindet, nicht unbedingt mit Polizei sondern eher mit Aufklärungskampagnen und Maßnahmen, die solchen finanziellen Mißbrauch unmöglich machen.
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